Anne ist Lehrerin und Erziehungswissenschaftlerin. Zusätzlich hat sie eine Ausbildung als Life Coach absolviert, um Coachings für Lehrer*innen anzubieten. Sie ist der Überzeugung, dass Lehrer:innen ihren Unterricht so gestalten können, dass sie auf Basis ihrer Werte und Bedürfnisse unterrichten und ihre Schüler:innen darin unterstützen ihr volles Potenzial zu entfalten. Im Interview berichtet sie mehr über ihre Vision ihres Lehrercoachings und die Fotosession für ihre Selbstständigkeit als Lehrer:innen-Coach.
- Liebe Anne, stell Dich kurz vor. Wie war Dein Werdegang bis jetzt und wie kam es zu Deiner Entscheidung zusätzlich Coachings für Lehrer:innen anzubieten?
- Was ist Deine Vision, welches Ziel möchtest Du mit Deinem Lehrercoaching erreichen?
- Du nennst dich Slow-Teaching-Coach. Was verstehst Du unter Slow Teaching?
- Du hast erst vor kurzem Deinen Dienst als Lehrerin angetreten. Hat sich seitdem Deine Sichtweise auf das Coaching, das Du anbieten möchtest, verändert?
- Wir haben gemeinsam Fotos für Deine Arbeit als Coach umgesetzt, was war Dir für die Fotos besonders wichtig?
Liebe Anne, stell Dich kurz vor. Wie war Dein Werdegang bis jetzt und wie kam es zu Deiner Entscheidung zusätzlich Coachings für Lehrer:innen anzubieten?
Auch wenn ich schon seit der 6. Klasse Lehrerin sein wollte, habe ich mir nach dem Studium und dem Referendariat eine kleine Auszeit von der Schule genommen und war die letzten sechs Jahre als Erziehungswissenschaftlerin im Bereich Lern- und Entwicklungspsychologie unterwegs. In der Zeit habe ich auch meine Doktorarbeit im Bereich Emotionspsychologie geschrieben, in der ich die Entwicklung von Emotionen bei Grundschulkindern untersucht habe.
Neben meiner Forschungstätigkeit habe ich als Dozentin angehende Lehrer:innen unterrichtet und von ihnen und vielen anderen befreundeten Lehrkräften immer wieder gehört, dass die Anforderungen in der Schule einfach sehr vielfältig sind. Das hatte ich auch selbst im Referendariat so wahrgenommen und es gibt auch viele Studien zum Thema Lehrer:innengesundheit, die zeigen, dass Lehrer:innen sehr belastet sind.
Mit der Zeit kam dann der Gedanke auf, Lehrer:innen darin zu unterstützen wieder mehr in ihre Kraft zu kommen, sich wieder auf ihre Werte zurück zu besinnen und ihren Alltag mit mehr Leichtigkeit zu meistern. Deshalb habe ich neben meiner Doktorarbeit die Life-Coach-Ausbildung an der Dr. Bock Coaching Akademie in Berlin gemacht und mich intensiv mit Persönlichkeitsentwicklung beschäftigt.
Rückblickend betrachtet, glaube ich, dass es gut war, einige Zeit außerhalb des Systems “Schule” zu sein, um einen neuen Blick darauf zu bekommen und eigene Visionen zu entwickeln.
Was ist Deine Vision, welches Ziel möchtest Du mit Deinem Lehrercoaching erreichen?
In meiner Vision ist die Schule ein Ort der Entfaltung für Lehrer:innen und Schüler:innen, in dem nicht der Stoff, sondern die Menschen und ihre Bedürfnisse im Fokus stehen, Diese “Schule der Zukunft” ist geprägt ist von Leichtigkeit, Neugierde und der Freude am Entdecken.
Was braucht es nun für diese Vision?
Ich glaube fest daran, dass Lehrer:innen, die mit ihren Ressourcen achtsam umgehen, um ihre Werte und Bedürfnisse wissen und für sich selbst sorgen, erfülltere Lehrer:innen sind. Und dass die Lehrer:innen dann mit noch mehr Leichtigkeit und Freude unterrichten können, was natürlich positive Auswirkungen auf die Schüler:innen hat und die Schule damit zu einem Ort der Potentialentfaltung macht.
Außerdem glaube ich, dass es neue Unterrichtsformen und Inhalte braucht.
Ich bin in der glücklichen Lage ab nächstem Schuljahr auch Psychologie unterrichten zu können, was schon ein erster wichtiger Schritt ist, da die Psychologie den Schüler:innen viele Antworten auf ihre Fragen geben kann.
Darüber hinaus glaube ich aber - und das melden mir auch meine Schüler:innen zurück - dass Lebenskompetenzen im Unterricht vermittelt werden sollten.
Deshalb möchte ich perspektivisch ein Unterrichtsfach (zunächst als AG) ins Leben rufen, das es den Schüler:innen ermöglicht, ihre eigenen Potentiale und Lebenskompetenzen in verschiedenen Bereichen zu entwickeln, z.B. Was sind meine Stärken? Wie gehe ich mit Stress in der Schule um? Wie löse ich Konflikte mit Freund:innen, Eltern und Lehrer:innen? Wie finde ich heraus, was ich wirklich machen will? Woran merke ich, dass ich eine Auszeit brauche? Wie kann ich nach einem stressigen Tag wieder auftanken?
Neben psychologischen Themen (z.B. Kommunikationspsychologie & Stressmanagement) möchte ich dabei auch einige Coachingtools integrieren und die Schüler:innen dabei unterstützen ein selbstbestimmtes und erfülltes Leben entsprechend ihrer Stärken und Potentiale zu führen.
Du nennst dich Slow-Teaching-Coach. Was verstehst Du unter Slow Teaching?
Ich arbeite seit einigen Monaten selbst wieder als Lehrerin an einem Gymnasium und ich weiß, wie wie hoch der Mental Load als Lehrerin ist ist und, wie schnell es passieren kann, dass all die To Dos einen förmlich auffressen.
Ich selbst habe dabei die Erfahrung gemacht, dass sich aufgrund der Belastung schnell Gedanken entwickeln wie: “Ich muss mehr machen, mehr Methoden, mehr Projekte, mehr Arbeitsmaterialien...”. Da meldet sich häufig der innere Kritiker bzw. die innere Kritikerin zu Wort. Möglicherweise fängt man dann an, die eigenen Fähigkeiten anzuzweifeln und verurteilt sich selbst und denkt: “Wenn ich noch organisierter wäre, dann..” oder “Wieso schaffe ich es nicht, dass..”. Dann gerät man häufig in einen übermäßigen Aktionismus und Perfektionismus, obwohl die Batterien schon total leer sind. Man biegt also mit fast leerem Tank von der Landstraße auf die Autobahn ab anstatt erstmal eine Pause an einer Tankstelle einzulegen, die so dringend nötig wäre.
Ich glaube deshalb, dass es an vielen Stellen eher weniger braucht, anstatt mehr.
Slow Taching bedeutet für mich wieder in den Moment zu kommen, sich wieder zu spüren und mit mehr Vertrauen und Leichtigkeit durch den Schulalltag zu gehen. Herauszufinden, was man gerade braucht, wie man den Alltag an seine Bedürfnisse anpassen kann, um dann gestärkt in den Unterricht zu gehen.
Wenn wir auf diese Weise wieder in unsere Mitte kommen, können wir die Bedürfnisse unserer Schüler:innen viel besser wahrnehmen und sind insgesamt erfüllter.
Wenn wir die Anforderungen an uns selbst so hoch schrauben und unseren Fokus (zu) stark auf innovative Methoden und Materialien legen (wie es uns im Referendariat ja leider eingetrichtert wird), dann übersehen wir häufiger, was die Schüler:innen gerade wirklich brauchen, die wichtige Beziehungsarbeit gerät in den Hintergrund und wir verlieren uns selbst dabei.
Deshalb unterstütze ich Lehrer:innen dabei ihren Fokus wieder auf ihre Bedürfnisse und Werte zu legen. Manchmal beginnt das damit überhaupt erstmal herauszufinden, was ihre Bedürfnisse sind, weil sie unter all den Anforderungen verschüttet wurden. Gemeinsam finden wir dann heraus, wie sie ihren Schulalltag entsprechend dieser Bedürfnisse gestalten können und schauen uns Strategien an, wie sie trotz der Anforderungen in ihrer Kraft bleiben.
Du hast erst vor kurzem Deinen Dienst als Lehrerin angetreten. Hat sich seitdem Deine Sichtweise auf das Coaching, das Du anbieten möchtest, verändert?
Tatsächlich musste ich mich erst wieder an die vielen parallelen Aufgaben und Anforderungen und die engen Zeitvorgaben gewöhnen. An der Universität war das Arbeiten insgesamt etwas selbstbestimmter und freier. In Forschungsprojekten bspw. ging es eher darum, die Forschung jeden Tag ein Stückchen voranzubringen, aber es gab nicht so strenge Zeitvorgaben.
Hauptsächlich hat mich die Arbeit an der Schule in den letzten Wochen und Monaten aber darin bestärkt, wie enorm wichtig es ist, als Lehrer:in für sich zu sorgen, da ich selbst auch öfter Mal an meine Grenzen gerate. Gleichzeitig habe ich gemerkt, welchen Unterschied es für mich macht, dass ich mir meiner Werte und Stärken bewusst bin. So behalte ich immer den Fokus und folge beim Unterrichten meinem eigenen Gefühl. Denn es passiert im Schulalltag gar nicht so selten, dass wir Konzepte/ Meinungen von anderen Kolleg:innen übernehmen, obwohl wir eigentlich spüren, dass sie nicht zu uns gehören. und das kann natürlich zusätzlich stressen und verunsichern.
Insgesamt habe ich wieder erfahren dürfen, wie unglaublich erfüllend die Arbeit mit den Schüler:innen ist, was meine Leidenschaft für meine Vision von einer lebendigen und bedürfnisorientierten “Schule der Zukunft” nochmal bestärkt hat.
Wir haben gemeinsam Fotos für Deine Arbeit als Coach umgesetzt, was war Dir für die Fotos besonders wichtig?
Es war mir sehr wichtig, dass die Werte, die meine Coaching-Arbeit ausmachen, über die Fotos transportiert werden. Das sind vor allem Wertschätzung, Natürlichkeit und Authentizität. Ich wollte, dass die Fotos mich so zeigen, wie ich bin, damit die Menschen sich ein Bild von mir machen können und schon einen kleinen Idee davon bekommen, wie ich als Coach arbeite.
Liebe Anne, vielen Dank! Mehr zu Anne findest Du über den folgenden Link
Instagram: www.instagram.com/slow.teaching